Patentier auf Zeit – Für verwitwete Tiere

„Patentier auf Zeit“ – was ist das?

Familie D. aus Hannover hat drei Kinder. Doch diese sind mittlerweile erwachsen und studieren in der Ferne. Das große Haus wird nur noch von den Eltern Martin und Anke D. – und von der alten Häsin Sophie – bewohnt. „Es ist schon fast zehn Jahre her, da bekamen unsere Kinder von einer befreundeten Familie, die gerade einen Wurf Kaninchen hatten, zwei ganz süße Jungtiere geschenkt. Das waren unsere Sophie und ihre Schwester Lilly“, erzählt Frau D. Als Lilly acht Jahre alt war, erkrankte sie an Gebärmutterkrebs und starb bald darauf. „Wir wissen, dass Kaninchen nicht einzeln gehalten werden sollen, doch wir wollten nicht wieder ein Tier dazu holen, das wahrscheinlich unsere Sophie überlebt hätte und dann seinerseits wieder einen Partner bräuchte. Wir möchten nach Sophies Tod mit der Kaninchenhaltung aufhören und deshalb kümmerten wir uns seit Lillys Tod sehr intensiv um die Häsin. Mehr, so dachten wir bisher, könnten wir für unsere alte, einsame Kaninchenoma nicht tun…“

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Einsame Tiere wie Sophie leben in zahlreichen Haushalten. Gerade die Vertreter hoch sozialer Arten wie Kaninchen oder Meerschweinchen trauern immens, wenn ihr Partnertier stirbt und sie plötzlich verwitwet zurückbleiben. „Einige dieser Kaninchen oder Nager leiden an Appetitmangel, andere fressen aus Langeweile übermäßig viel, wieder andere werden aus lauter Frust aggressiv gegen ihre Halter oder zeigen andere unerwünschte Verhaltensweisen“, meint Agrarbiologin Heige Kienle, erste Vorsitzende des Vereines Netzwerk Mensch-Tier e.V.. Oft verlieren gerade die alten unter den verwitweten Kleintieren das Interesse an ihrer Umwelt und verfallen in apathisches Nichtstun. Ihre Besitzer können sie meist nicht aus ihrer Lethargie reißen, denn Menschen sind einfach keine adäquaten Partner für Kaninchen, Meerschweinchen und Konsorten. „Der Wunsch, eine Tierhaltung zu beenden, ist nachvollziehbar und wird von uns respektiert“, so Kienle. „Wenn unsere Kapazitäten es erlauben und die Besitzer das wünschen, nehmen wir Einzeltiere auf einer unserer Pflegestellen auf und suchen von dort aus nach einem passenden Partnertier und einer neuen Menschenfamilie für den vierbeinigen Witwer.“ Doch es gibt auch Menschen wie Familie D., die sich nicht von ihrem Tier trennen möchten. Für diese bietet der Verein Netzwerk Mensch-Tier e.V. seit 2012 „Patentiere auf Zeit“ an.

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Patentiere auf Zeit sind Kaninchen und Meerschweinchen, die in der Obhut des Tierschutzvereines sind. Sie werden bei Bedarf mit einem verwitweten Artgenossen vergesellschaftet und verbleiben beim Besitzer dieses Tieres, bis dessen eigenes Tier stirbt. So lange ist der Pate auch für Versorgung und alle anfallenden Kosten zuständig. Das Patentier auf Zeit wird mit Schutzvertrag und – bei Böcken – gegen einen Anteil an den Kastrationskosten, bei Weibchen gegen eine kleine Spende abgegeben. Während seiner Patenschaft ist der Pate Mitglied im Verein Netzwerk Mensch-Tier und bezahlt den jährlichen Mindestbeitrag von 15 Euro. Voraussetzung für das eigene Tier des Paten: Sollte es sich um ein männliches Kaninchen oder Meerschweinchen handeln, muss dieses kastriert sein.

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Doch nun wieder zum konkreten Fall der alten Häsin Sophie: Nachbarn, die vom Netzwerk Mensch-Tier gehört hatten, machten Familie D. auf den Verein aufmerksam. Nach einem informativen Telefongespräch mit der für die Region zuständigen Vereinsvorsitzenden schaute diese bei Familie D. vorbei. Ihr wurde eine alte Häsin vorgestellt, die mit trübem Blick teilnahmslos in einer Ecke ihres großen Außengeheges saß. „Das Tier war zwar wohlgenährt aber mangelhaft bemuskelt“, erinnert sich Heige Kienle. „Der langohrigen Seniorin schien schlichtweg jeglicher Anreiz zu fehlen, sich mehr zu bewegen als von ihrem Ruheplatz zur Futterschüssel oder zum Kaninchenklo und wieder zurück.“ Kaninchen, die 13 bis 14 Jahre alt werden können, brauchen, um zu echten „Methusalems“ zu werden und dabei ihre Lebensfreude bis zum Schluss zu behalten, nicht nur einen gesunden Körper, sondern auch einen Lebenspartner – einen Freund. Ein solcher kann ihnen weder ein Mensch, noch ein Meerschweinchen oder ein anderes artfremdes Tier sein. „Kaninchen brauchen Kaninchen“, weiß Heige Kienle.

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Im Falle von Sophie war zum Glück schnell ein passender Artgenosse zur Hand. Auf einem der Pflegeplätze des Vereines saß ein achtjähriger, bereits kastrierter Kaninchenbock namens Merricoeur. Mit diesem wurde Sophie vergesellschaftet. „Die beiden Tiere verstanden sich auf Anhieb. Das ist bei erwachsenen Kaninchen, die sich zum ersten Mal treffen, absolut nicht die Regel. Meist müssen sich die Tiere erst buchstäblich zusammenraufen“, erzählt Heige Kienle. Doch Sophie und ihr Merricoeur begannen gleich, einander zu putzen, fraßen aus einem Napf und wo der eine hin hoppelte, da folgte ihm der andere. Drei Tage nach der Vergesellschaftung, die auf der Pflegestelle stattgefunden hatte, zogen die beiden Kaninchensenioren gemeinsam in Sophies Gehege bei Familie D. ein. „Es ist total schön zu sehen, wie aktiv unsere alte Dame plötzlich wieder geworden ist“, freut sich Anke D. „Die Kaninchen sind unzertrennlich. Wir sind sehr froh, dass wir vom Angebot des Tierschutzvereines, ein Tier auf Zeit zu adoptieren, erfahren haben.“

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Wenn auch Sie für Ihr einsames Kaninchen oder Meerschweinchen – egal ob jung oder alt – ein passendes Partnertier suchen, jedoch irgendwann mit der Tierhaltung aufhören wollen, dann wenden Sie sich an uns. Wir werden versuchen, einen Lebensgefährten für Ihren unfreiwilligen „Single“ zu finden, damit dieser den Rest seiner Tage mit einem lieben Freund an seiner Seite verbringen darf.

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